Die letzte große Schuldrechtsreform fand im Jahr 2002 statt. Die Überarbeitung des Schuldrechts waren weitreichend und hatten bis 2021 Gültigkeit.

Im Vergleich mit der letzten Schuldrechtsreform, die seit dem 1.1.2022 in Kraft getreten ist, scheinen die Änderungen im Jahr 2002 eher geringfügig. Die wesentlichen, für den Unterricht relevanten Änderungen sind folgende.

Gesetz für faire Verbraucherverträge: Verträge über regelmäßige Lieferung von Waren oder Leistungen (z. B. Fitnessstudios und Mobilfunkverträge) können zwar weiterhin mit einer Mindestlaufzeit (max. 24 Monate) abgeschlossen werden, sind danach aber gem. § 309 Nr. 9 BGB ab dem 1.3.2022 monatlich kündbar. Eine automatische Vertragsverlängerung ist auf unbestimmte Zeit möglich, jedoch wie beschrieben, monatlich kündbar.

Kündigung von online-geschlossenen Dauerschuldverhältnissen: Sofern ein Verbraucher über eine Internetseite ein Dauerschuldverhältnis geschlossen hat (z. B. Handyvertrag), muss dieser Vertrag ab dem 1.7.2022 per Button auf der Internetseite wieder gekündigt werden können (§ 312k BGB). Bietet der Anbieter den Button nicht an, steht dem Verbraucher eine Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu.

Verbot von Abtretungsausschlüssen: Da fragt man sich zunächst, ob die Untersagung von Abtretungen von Ansprüchen der Verbraucher an Unternehmen überhaupt eine unterrichtliche Relevanz hat, oder ob es sich um Nischenwissen oder reale Anwendungsfälle handelt. Gerade in Zeiten, in denen Rechte aus nichterfüllten Leistungen (wie Flugreisen) häufig strittig sind, erleichtert das Abtreten von Forderungen an spezialisierte Unternehmen die Durchsetzung von Rechten enorm. Auch bei Langzeitverträgen, wie in der Fitnessbranche gängig, öffnet dieses Verbot (§ 308 Nr. 9 BGB) nun die Übertragung von Leistungen an andere Personen.  

Neueinführung des Begriffs „digitale Produkte“: Dahinter verbergen sich gem. §§ 327 bis 327u BGB alle rein digitalen Produkte wie Speicherdienste, DVDs, Cloud-Dienste oder auch bezahlte Social Media Netzwerke. Für diese Produkte wird der Begriff eines Kauf- bzw. Mietmodells eingeführt.  Innerhalb definierter Zeiträume sind Updates elementarer Bestandteil, die auf die Erhaltung der Funktion und der Sicherheit zielen. Neu ist auch die Möglichkeit der Bezahlung mit Cryptowährung oder die Vergütung über die Bereitstellung persönlicher Daten als Gegenleistung.

Interessant wird es beim Beispiel eines Smartphones, das neben digitalen Leistungen wie dem Betriebssystem ebenfalls eine Hardware beinhaltet (§ 327a BGB). Bei diesen Waren mit digitalen Elementen bedingen sich digitale und nicht-digitale Produkte. Ein Smartphone funktioniert nicht einwandfrei, sofern ein Betriebssystemupdate das Geräte nicht mehr unterstützt. Dem Verbraucher stehen demnach alle Rechte auch für rein digitale oder digital verbundene Produkte zu, unabhängig ob ein Mangel der digitalen oder nicht-digitalen Seite zuzuordnen ist.

Sachmangelbegriff: Die mit Abstand schwierigste Neuregelung betrifft dem bisherigen „subjektiven Fehlerbegriff“. Dieser besagt, dass  ein Sache frei von Sachmängeln ist, die vereinbarte Beschaffenheit hat.

Die Neureglung sieht nun vor, dass gem. § 434 BGB eine Sache frei von Sachmängeln ist, wenn sie bei Gefahrübergang den drei nachfolgenden Voraussetzungen genügt:

  1. subjektive Anforderungen:
    • weist die vereinbarte Beschaffenheit auf
    • Eignung der Ware für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung
    • vereinbartes Zubehör und Anleitungen liegen bei
  2. objektiven Anforderung:
    • Eignung für die gewöhnliche Verwendung
    • übliche Beschaffenheit für Waren gleicher Art und
    • vereinbartes Zubehör und Anleitungen liegen bei
  3. Montageanforderungen: zielführende Montageanleitungen liegt bei

Wird nur eine Anforderung nicht erfüllt, gilt die Sache als mangelbehaftet.

Beispiel: Wird eine Ware in einem Laden oder in einem Online-Shop angeboten, wird die Ware – wie jetzt auch – spezifiziert und bildet somit den subjektiven Rahmen. Eine Beschaffenheit wird bei einer Neuware in der Regel nicht spezifiziert (da sie ja neu ist): Somit kommt bei Neuware die objektive Anforderung nicht zur Geltung. Wohl aber werden werbende Aussagen und Zusicherung der Zweckerreichung von Verkäufern mit den objektiven Anforderungen deutlich strenger ausgelegt, da somit die objektive Anforderung nicht erfüllt wird.

Obwohl wesentlicher Bestandteil der Neuregelung, ist die Relevanz dieser Änderung wahrscheinlich, speziell für den Unterricht, als äußerst gering einzuordnen.

Beschaffenheitsvereinbarung: Sofern ein Produkt von der beschriebenen Ware abweicht (zum Beispiel Verkauf von Rückläufern, B-Ware, Mangelware), muss dieser Mangel im Vertrag explizit erwähnt und spezifiziert werden. Die „negative Beschaffenheitsvereinbarung“, also eine lapidare Darstellung, wie: „weist kleine Mängel auf“, erfüllt nicht mehr die notwendige Sorgfalt. 

Beweislastumkehr: Beim Verbrauchsgüterkauf regelte § 477 BGB die Beweislastumkehr von 6 Monaten. Innerhalb dieses Zeitraums musste der Unternehmer dem Verbraucher nachweisen, dass ein Mangel bei Übergabe nicht bestand. Diese Regelung wurde auf 12 Monate ausgeweitet.

Garantie: Bietet der Unternehmer einem Verbraucher eine Garantie an, muss diese auf einem persistenten Medium bei Warenauslieferung zur Verfügung gestellt werden. In der Regel dürfte das ein Ausdruck der Garantieerklärung sein.

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Schuldrechtsreform 2022. Was ist für den Wirtschaftsunterricht wirklich ist?